26. MOTORCYCLE JAMBOREE 2016 – Altes Lager – Jüterbog

Text : Holger Ott

Fotos: Vomue


Dunkle Wolken weisen mir in dieses Mal den Weg. Dort, wo der dicke schwarze Klumpen am Himmel hängt, dort ist das Ziel, der ehemalige Militärflughafen Altes Lager bei Jüterbog.
Auch in diesem Jahr wieder der Austragungsort des alljährlichen Motorcycle Jamboree des BORN TO BE WILD MC.

Immer wieder gibt es kurze Schauer, als ich am Freitag auf dem Platz eintreffe, aber was solls, Biker und Musikfans zerlaufen ja nicht unter Feuchtigkeitseinfluss. Die Temperaturen sind dennoch angenehm und somit strömen trotzdem sehr viele Besucher auf das Gelände. Der Campingplatz ist bereits seit Beginn der Woche gut belagert und die Party steigt auch wie jedes Jahr am Donnerstag mit der beliebten Open Stage. Zudem haut der Moderator der ersten Stunde 'Knicki Knacki' mit seiner 'All Starz Band' ordentlich in die Saiten und rockt, was das Zeug hält. Leider entgeht mir, wegen Arbeit und langem Anfahrtweg, dieses Spektakel und natürlich die Gelegenheit als Drummer mal einen Song mitzuspielen.







In diesem Jahr bin ich aus Termingründen nur auf den Freitag fixiert und muss den kommenden Tag und dessen Highlights leider ausfallen lassen. Die Band, in der ich spiele, ist für eine Veranstaltung gebucht und somit versäume ich unter anderem SUBWAY TO SALLY, die Bikeprämierung, die Stripshow, das Feuerwerk und zu meinem Bedauern auch alles Andere, was den Besuch am Samstag so interessant macht.

Freitag habe ich sieben von acht Bands auf meinem 'Laufzettel' und nachdem ich einige private Dinge erledigt hatte und die erste Platzrunde gelaufen bin, führt mich mein Weg in das große Zelt zu CRAWLING NOISE aus Berlin.

Die Band spielt knallharten Rock und weckt damit die letzten Langschläfer in ihren Zelten. Seit zehn Jahren im Geschäft, liegt ihr Schwerpunkt in einer Mischung aus Metal, Punk und allem, was zur harten Schiene zählt. Wie ich finde, eine recht gute Wahl um den Tag zu beginnen.

Eine Stunde später sind die beliebten Bikerspiele angesagt. Eine zwölf Kilo schwere Kurbelwelle soll so weit wie möglich über den Rasen geschleudert werden, wobei so einige ins Straucheln geraten. Der Rekord wird auch in diesem Jahr nicht geknackt, aber der Gewinner ist wie im letzen Jahr das Tier von einem Mann namens 'Zange'.

Beim Eierweitwurf wird mit fünfzehn Metern die größte Weite erreicht bevor sich der Eierschleim auf die Klamotten von Männlein und Weiblein verteilt. Anschließend finden die senftriefenden Würste wieder ihren Weg in den tiefen Schlund der Vorjahressieger. Wen wundert es, immerhin hatte sie ja ein Jahr Zeit mit ihrem Mann und dessen 'Würstchen' zu üben, mit oder ohne Senf.



Knicki Knacki steht schon wieder auf der Bühne bereit, um die nächste Band anzukündigen. Der Ärmste ist heute nicht so gut in Form, hat er doch am Vorabend mit seinem Fuß 'Knicki' gemacht und Glück gehabt, dass es nicht noch ein 'Knacki' gegeben hat. Was wäre das wohl für ein Debakel, wenn der Moderator aller Moderatoren ausfallen würde? Einfach unvorstellbar und es wird hoffentlich nie dazu kommen.


KNICKI KNACKI

Das Trio ROSE BOGEY'S aus Magdeburg macht sich auf der großen Bühne bereit. An Gitarre und Gesang ein bekanntes Gesicht. War er noch im Vorjahr mit SM UNZENSIERT zugegen, hat sich Stefan nun umorientiert und mit seinen beiden Mitstreitern eine Band aus dem Boden gestampft, die für mich an diesem Tag die größte Überraschung darstellt. Ein Unikum von Bassist macht die geile Show, ein Gesang von Stefan, der sich hervorragend entwickelt hat, dazu seine coolen Riffs auf dem Sechsaiter, mit einer treibenden Kraft an den Drums im Hintergrund. Ihre Musik: Bluesrock und Boogie, mit wirklich herausragenden Werken im Programm, von denen mir "Mary Jane" am besten gefällt. Zum Glück schallt ihre Musik durch das neue Soundsystem über den ganzen Platz und lockt Scharen von begeisterten Fans an. Nächstes Jahr bitte noch einmal, aber etwas später und mit längerem Programm.





Es geht nun wieder Schlag auf Schlag und ich muss leider doch auch einmal einen kleinen Kritikpunkt anführen. Die Abstände zwischen den Bands sind einfach zu kurz. Treten wie am Freitag technische Probleme auf, so sind Verzögerungen und dadurch resultierende vorzeitige Programmabbrüche unvermeidbar. Zudem müssen die Fans von einer Bühne zur nächsten hetzen, was völlig in Stress ausartet. Sicher soll so viel wie möglich geboten werden und dadurch wird es im Ablauf immer sehr eng, aber dennoch wäre es sinnvoll, wenigsten fünfzehn Minuten Spielraum zu lassen.

Leitragender war in diesem Jahr 'ONKEL KREUZ', der mit seinen MANDADOS DEL CIELO kurz vor Schluss das Programm vorzeitig beenden musste. Sicher waren er und die Band sauer und wie wir ihn kennen und lieben, macht er sich dann auch mal Luft und lässt seinen Ärger heraus. Aber welche Band wäre das nicht auch, wenn ihnen unmissverständlich signalisiert wird, dass vorzeitig Feierabend ist. Aber Schwamm drüber, nächstes Jahr wird alles besser.




Die MANDADOS haben wieder alles aus der ONKELZ Best off Trickkiste gezaubert, was nur ging. Das Publikum huldigt der Band erneut in Massen und das Zelt platzt dabei aus allen Nähten. 'ONKEL KREUZ' wird nun wirklich nicht mehr darum herum kommen, die Gemütlichkeit und Intimität des Zeltes gegen die große Bühne zu tauschen. Wir werden es erleben, denn das Sie dabei sind, steht wohl außer Frage.

Ich drehe mal eine kleine Runde, um noch einige schöne Motorräder und etwas vom Gelände auf meinen Kameraspeicher zu bannen. Dabei überkommt mich der Hunger und ich stehe vor der Qual der Wahl. Mehrmals laufe ich auf uns ab, um mich dann genau für das ungesündeste zu entscheiden, ein Stück Pizza und anschließend einen Burger. Ich habe somit beschlossen, einen Schlemmertag einzulegen. Gehungert und abgenommen wird dann wieder ab Montag.

Das Angebot an Speisen und Getränken ist riesig. Trotzdem bilden sich überall lange Schlangen und die Brutzler hinter den Tresen kommen kaum nach. Wer hier nichts für sich findet, ist selbst schuld. Schade finde ich nur, dass sich auf dem Campground optisch mehr Autos als Motorräder zwischen den Zelten finden. Vollgepackt mit allem, was der Camper heutzutage braucht und natürlich kistenweise Essen und Trinken. Hallo Leute, als ich noch mit dem Zelt zu Treffen gefahren bin, hatte ich niemals Lebensmittel oder Getränke dabei.
Das war einfach Tabu und für mich nicht vorstellbar. Statt in Liegestühlen haben wir auf Luftmatratzen gesessen oder gelegen und im allerhöchsten Ausnahmefall ne Dose Ravioli auf dem zusammenklappbaren Mini-Kocher erwärmt. Das Essen auf dem Jamboree ist ja nun wirklich nicht teuer und extrem vielfältig. Muss ich noch mehr dazu sagen?

Ich hetze zurück zur Bühne. Wie gesagt, knapper Zeitplan. Wie immer treffe ich viele die ich kenne und noch mehr, die mich inzwischen kennen. Seit bitte nicht angesäuert, wenn ich keine Zeit zum Quatschen habe, aber für mich ist das Jamboree nur in zweiter Linie zum Vergnügen da.



OSTFRONT


OST+FRONT stehen in ihrem megageilen Outfit bereit. Vor einigen Jahren haben sie schon einmal hier gespielt. Damals noch so gut wie unbekannt wurden sie sofort in die rechte Ecke gedrängt und als Nachahmer von RAMMSTEIN hingestellt. Nachdem sie sich nun am Markt etabliert haben, kann ich nur sagen: Alles Blödsinn. OST+FRONT sind weder rechts noch irgendwelche Trittbrettfahrer. Ihre Texte sind einfach nur viel direkter als die von RAMMSTEIN. Sie umschreiben die Dinge über die sie Singen nicht, sondern sagen knallhart, wie das 'Kind' beim Namen heißt. Ihre Musik ist von harten Riffs und tiefem Gesang geprägt. Für den Hauptteil der Show, und das ganz ohne Pyro-Efekte, sorgt, ich will mal sagen, die 'Figur' an den Tasten. Da werden schon mal merkwürdige Instrumente bedient oder etwas zum Trinken aus dem Tropf ins Publikum gereicht. Meine Kamera läuft bei der Vielfalt der Motive heiß. Immer wieder zeigen die Musiker geile Posen und es ist ständig Bewegung auf der Bühne. OST+FRONT haben musikalisch einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht. Ihre Show ist sehenswert und ein Konzert von ihnen steht, mal abgesehen von Feuer und Explosionen, in nichts hinter dem der Band, die inzwischen der Größenwahn überholt hat und die vergessen hat, dass sie auch einmal beim Jamboree angefangen haben. Es wäre also schön, wenn OST+FRONT in regelmäßigen Abständen in Jüterbog auflaufen würden. Die Massen vor der Bühne beweisen den Erfolg der Band, den sie absolut verdient haben. Für mich ein weiteres Highlight des Tages.





LIMITED BOOZE BOYS


Wiederholungstäter und geliebter Dauergast aus Thüringen: die LIMITED BOOZE BOYS.
Auch sie gehören inzwischen zum Jamboree wie so vieles anderes, das einfach nicht mehr wegzudenken ist. Also rafft die Schottenröcke, heizt die Flammenwerfer an und ab geht die wilde Party der BOYS. Schnelle und harte Musik sind ihre Botschaft, immer voll auf die Zwölf und hinein in die jubelnde Menge. Es findet kaum noch eine größere Biker-Veranstaltung ohne die Mannen aus Thüringen statt, was wiederum für deren Qualität steht. Zwar gibt es bei ihnen in diesem Jahr kaum etwas Neues, aber wen stört das schon, wenn das Gesamtpaket stimmt. Bei dieser Band bin ich mit der Kamera immer auf der Jagt nach schönen Motiven im Flammenmeer, was mich dieses Mal fast die letzten drei Haare gekostet hätte. Sicher weiß ich wie und wann die Feuerspeier bedient werden, aber leider war ich einmal zu unaufmerksam und einfach zu dicht davor. Ist nichts passiert, also keine Sorge, ich bin auch nächstes Jahr wieder dabei, aber es war schon ganz schön knapp. Dennoch, für ein tolles Foto geht man doch gerne jedes Risiko ein. Im nächsten Jahr gibt es ja weitere Gelegenheiten, denn die LIMITED BOOZE BOYS werden bestimmt auch wieder mit an Bord sein.

Einen krassen musikalischen Wechsel gibt es anschließend im Zelt. Also hin, um einen Platz in der ersten Reihe zu ergattern. Ich will mir die Show von CASHLEY reinziehen, die ich bislang immer versäumt habe. Wie ihr richtig erkennt, war die Band auch schon mal beim Jamboree und erfreut sich größter Beliebtheit, wie der Andrang im Zelt beweist. Langsam keimt in mir das Gefühl, dass das Zelt seine Kapazitäten erreicht hat, wenn man bedenkt, was für Kracher da drinnen auftreten. CASHLEY ist auch so einer. Sie spielen ausschließlich Cover-Songs aus der Rock 'n' Roll Ära, die sie nach ihrem ermessen aufgepeppt haben, ohne die Songs zu verunstalten. Dieser Musikstil ist nicht unbedingt meins, mit geringfügigen Ausnahmen und so sehe und höre ich mir nur die erste halbe Stunde an, bis einer meiner wenigen Lieblingstitel, "Blue Hotel", zu Ende ist. Gute Fotos zu machen, erweist sich durch die neue LED-Lichtanalge auch als äußerst schwierig. Ich habe mit ständig blendendem Gegenlicht zu kämpfen und packe den Apparat nach einigen Versuchen wieder weg. Deshalb an dieser Stelle ein kleine Entschuldigung dafür, dass nicht alle Fotos von guter Qualität sind.
CASHLEY rocken inzwischen das Zelt. Die Mehrheit der Besucher besteht aus schwärmen von Frauen, die die smarten Musiker in ihrem 50er Jahre Outfit anhimmeln und auch hier beweist sich erneut, die Macher des Jamboree, der BORN TO BE WILD MC hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Die Musik ist mitreißend, die Show ist toll und es stimmt alles bis auf den Punkt.







Inzwischen ist es stockdunkel. Das Wetter hat sich zum Glück gehalten, es ist sogar wärmer geworden. Der Haupt-Act des Tages bzw. Abends steht in den Startlöchern. Was muss man zu oder über KNORKATOR noch sagen? Sie haben eine neue CD, spielen daraus aber leider nur einen Song. Dabei hatte ich gehofft, mehr daraus zu hören. Ihr Auftritt ist wie immer Sensationel. STUMPEN, trotz lädiertem Knie nach wie vor in Höchstform, als wenn er nie unterm Messer war. BUZZ DEE im veränderten Outfit, passend zur neuen Gitarre in Türkis gehalten und mehr in Action als beim letzten Mal. ALF flippt öfter mal unverhofft aus, wenn sich seine gespaltene Persönlichkeit vom meditierenden Guru zum bösen Tier verwandelt. Dazwischen schiebt er mit seinem Einkaufswagen über die Bühne, als wenn er auf der Jagt nach leeren Flaschen wäre. Natürlich wird auch das Publikum in die Show eingebunden. Ob sie wollen oder nicht, müssen so viele wie möglich auf die Bühne, haben somit die Gelegenheit außergewöhnliche Fotos zu machen und viele nutzen hemmungslos die Chance, nach Autogrammen zu bitten. Da stört es auch nicht von STUMPEN verbal erniedrigt zu werden. Solch eine Gaudi hat man ja auch nicht alle Tage. Ich kann nur sagen KNORKATOR sind wieder der Hammer und mein Filetstück des heutigen Tages, wobei es ja inzwischen schon der nächste Tag ist. Mit mehr als dreißig Minuten Verzögerung fangen die KNORKE Jungs an und entsprechend ist die Show erst kurz vor zwei Uhr in der Nacht zu ende.

Wobei das noch lange nicht das Ende ist. Allerdings für mich. Ich bin fix und fertig und hab noch über eine Stunde Weg vor mir. Derweilen wechselt das Partyvolk zurück ins Zelt, in dem die MÄNNER ihr Bestes geben. Leider ohne mich und deshalb ohne weiteres Wort.

Mein Fazit für das 26. Motorcycle-Jamboree: Mein leider einziger Tag in diesem Jahr war absolut genial. Ich habe wieder viel gesehen und erlebt, mich mit vielen netten Leuten unterhalten, neue Freundschaften geknüpft und trotz anfänglichem Stress eine gute Erholung vom Alltag gehabt. So sollte es sein. Noch vor einigen Jahren hatte es mich etwas gestört, dass sich die Bands oft wiederholen, dass die Bikerspiele nichts neues bringen und die Händler immer an den gleichen Stellen stehen. Inzwischen habe ich meine Meinung größtenteils geändert. Es kann ja nichts Schlechtes daran sein, wenn Bands auftreten, nach denen das Publikum förmlich schreit. Warum diese also gegen Musiker austauschen, bei denen man sozusagen die Katze im Sack einkauft. Desgleichen mit den Händlern, die Speisen und Getränke anbieten. Da für wirklich jeden etwas dabei ist, besteht auch hier keine Notwendigkeit daran etwas zu rütteln. Sicher möchten viele, dass irgendwelche Superbands dort spielen, aber Superbands kosten eben auch Supergeld. Die 35,- Euro Eintritt müssen ja nicht nur unter allen Bands, und das sind immerhin mindestens fünfzehn, aufgeteilt werden, sondern es kommen ja auch noch jede Menge Kosten für die Ver- und Entsorgung dazu, oder die Licht- und Soundanlage, das Feuerwerk, die Werbung und so weiter und so weiter. Denkt mal darüber nach, dass ihr, wenn man mal nur über die Musik redet, pro Band etwas mehr als 2,- Euro bezahlt, egal ob sie mehr oder weniger bekannt ist. Wo gibt es denn sonst so was bei einer Veranstaltung dieser Größenordnung? Also sehen wir uns alle im nächsten Jahr an gleicher Stelle wieder.


Vielen Dank an den BORN TO BE WILD MC dafür, dass ich auf dem Jamboree wieder freie Hand hatte. Ich freue mich schon auf das 27. Motorcycle Jamboree vom 13. Juli bis 16. Juli an gleicher Stelle.



Jamboree 2016  Donnerstag + Freitag


Jamboree 2016  Samstag